Anwendungen 06.11.2018

Schlüsselfaktor in der Zell- und Gewebekultur - der pH-Wert

Zellkultivierung - Abhärente Zellen benötigen stabilen pH-Wert

 

 

Der Begriff „pH“ leitet sich von pondus Hydrogenii oder potentia Hydrogenii (lat. pondus = Gewicht oder potentia = Kraft und hydrogenium = Wasserstoff) ab.Der pH-Wert ist eine dimensionslose Zahl und ist ein Maß für die Stärke der sauren resp. basischen Wirkung von wässrigen Lösungen.  Er ist definiert als der negativ dekadische Logarithmus der Hydronium-Ionen-Konzentration.  Die Stärke der Base oder Säure wird z.B. durch Farbindikatoren bestimmt.  

Jeder zelluläre Prozess hat ein pH-Optimum. Abweichungen vom pH-Optimum führen bei Enzymen zu funktionsschädigenden Konformationsänderungen, die ähnlich stark sein können wie die durch extreme Temperaturänderungen. Bei extremen Abweichungen vom pH-Optimum wird sogar die Sekundärstruktur der DNA, α-Helix und β-Faltblatt (β-pleated sheet), zerstört. Es kommt zur irreversiblen Denaturierung.

Für gutes Zellwachstum ist deshalb ein stabil eingestellter pH-Wert im Nährmedium extrem wichtig. Die meisten Säugetierzellen fühlen sich bei einem pH von 7,4 recht wohl. Transformierte Zelllinien bevorzugen leicht saure pH-Werte zwischen 7,0 und 7,4, während normale Fibroblasten-Zelllinien leicht basische pH-Werte zwischen 7,4 und 7,7 bevorzugen.

Viele Kulturmedien haben Phenolrot als pH-Indikator zugesetzt. Bei einem pH-Wert von 7,4 ist das Nährmedium rot. Bei 40µM Phenolrot in DMEM wird das Medium bei steigendem pH-Wert (7,6) pink und bei weiter steigendem pH-Wert (7,8) violett. Dies kann auf eine Kontamination durch Hefen oder Pilze hinweisen. Bei zunehmend saurere Werten findet ein Farbwechsel von orange zu gelb statt. Dies kann ein Zeichen für eine bakterielle Kontamination sein. (Für Heißluftsterilisation sehen Sie bitte weiter unten).

Ein CO2-Inkubator stabilisiert den eingestellten pH-Wert im Nährmedium durch eine geregelte CO2-Konzentation. Egal ob bei adhärenten CHO-Zellkulturen oder Kulturen beim Genome Editing mit einem CRISPR Cas9 System, CO2-Inkubatoren spielen in jedem Zell- und Gewebekulturlabor eine Schlüsselrolle.

Meist wird das offene Hydrogencarbonat-Puffersystem im Nährmedium verwendet. Das Gleichgewicht des Puffersystems ist abhängig vom Austausch zwischen der CO2-haltigen Inkubatoratmosphäre und dem gelösten CO2 im Nährmedium.

Schlüsselfaktor für die Zelle:

  • Die Zelle benötigt einen optimalen pH-Wert in sehr engen Grenzen
  • Meist wird das natürliche Hydrogencarbonat-Puffersystem verwendet
  • COist eine Komponente dieses offenen Puffersystems
  • Der CO2-Partialdruck verschiebt das Puffergleichgewicht

BINDER-Bedienungsanleitungen bieten nützliche Informationen zur Abhängigkeit der pH-Werte in Medien von der CO2-Konzentration im Brutschrank.

Abbildung: pH-Wert handelsüblicher NaHCO3 gepufferter Medien als Funktion der CO2 Konzentration

Beispiel: Wenn ein pH von 7,2 in einem Medium gemessen wird, das mit 2,20g NaHCO3 pro Liter gepuffert wird, beträgt die CO2-Konzentration in der Umgebung des Mediums 8 Vol.-%

Entscheidend für eine optimale Versorgung der Nährmedien mit Kohlendioxid und damit für optimale Bedingungen für das Zellwachstum ist die Art und Weise, wie das Gas, entweder aus einer CO2-Flasche oder durch eine bauseitige Versorgung, in den CO2-Inkubator zugeführt wird.  Drei Prinzipien stehen dazu zur Verfügung.

Bei der Venturi-Gasmischdüse (A) fließt das CO2 aus der Gasflasche durch ein Röhrchen mit verengtem Querschnitt bevor es dem CO2-Inkubatorinnenraum zugeführt wird. Im Röhrchen entsteht ein Sog. Das einströmende Kohlendioxid (graue Pfeile) wird mit der kohlendioxidhaltigen Luft des CO2-Inkubators, welche durch seitliche Öffnungen des Röhrchens eintritt, gemischt. Dadurch wird quasi ein „pre-mixed“-Gas dem Innenraum zugeführt, welches eine optimierte Atmosphärendurchmischung gewährleistet.

Bei CO2-Inkubatoren mit Innenraumlüfter (B) tritt das einströmende Kohlendioxid erst in den Innenraum ein bevor es gemischt wird. Die Atmosphärendurchmischung erfolgt später. Durch den Einsatz von Ventilatoren steigen der Anteil an Kunststoffen und an kontaminierbarer Fläche im Innenraum sowie die Kosten für Ersatzteile. BINDER verzichtet deshalb ganz auf Ventilatoren im Innenraum.

Bei CO2-Inkubatoren mit Direkteinspritzung (C) wird das einströmende Kohlendioxid direkt in den Innenraum geleitet. Die Ausbreitung des Kohlendioxids erfolgt durch Diffusion und Konvektion und ist deshalb vergleichbar träge.

Die Kombination der Gasmischdüse nach Venturi mit den Vorteilen eines IR-CO2-Sensors ist eine ideale Lösung für CO2-Inkubatoren.

 

Themen und Ausstattungen, die Sie interessieren könnten: 

  • Die Heißluftsterilisaton bei 180°C von BINDER, welche mittlerweile zum Gold Standard geworden ist, ist das wirksamste Verfahren um Kontaminationen in CO2-Inkubatoren zu beseitigen. Sie ist extrem wirkungsvoll, unkompliziert in der Handhabung und liefert stets reproduzierbare Ergebnisse. Unser Whitepaper „Zellkultivierung ohne Kontamination“ geht ausführlich auf dieses Thema aus Sicht von CO2-Inkubatoren ein.
  • Geteilte Glasblende. Geteilte Glastüren, die den Zugriffsquerschnitt deutlich verkleinern, können sich positiv auf die Feuchteerholzeit auswirken. Der neue CB-S 170 bietet sogar erstmals einen neuartigen Probenschnell-Zugriff.
  • Stapelkompatibel mit CB-S 170
  • Gasflaschenwechsler. Um eine CO2-Versorgung über längere Zeit sicherzustellen, z.B. über ein verlängertes Wochenende, empfehlen wir den Anschluss von zwei Gasflaschen an einen Gasflaschenwechsler. Ist die eine CO2-Flasche leer, wird automatisch auf die volle umgeschaltet und somit eine kontinuierliche CO2-Versorgung gewährleistet.
  • Rollerflaschen. In CO2-Inkubatoren erfolgt das scale-up von Suspensionskulturen z.B. in Spinnerflaschen.
  • Kalibrierung einer vom Kunden ausgewählten CO2-Konzentration, z.B. 5 % CO2 bei 37°C inklusive Zertifikat.

 

Fazit


So wie gutes Zellwachstum von vielen Faktoren abhängt, wie z.B. der Vitalität des Ausgangsmaterials, der Wahl des richtigen Nährmediums und den Wachstumsfaktoren sowie dem rechtzeitigen Passagieren, so ergibt sich erst aus der richtigen Kombination von einzelnen technischen Lösungen das optimale Konzept für gutes Zell- und Gewebewachstum in CO2-Inkubatoren. Wie zum Beispiel beim pH-Wert:

  • Venturi-Gasmischdüse für optimale CO2-Durchmischung.
  • CO2-IR-Sensor für schnelle CO2-Erholzeit nach Türöffnen.
  • Kalibrierung für zertifizierte CO2-Konzentrationen.

Weiterführende Literatur, die Sie auch interessieren könnte: